Independence Day - Wiederkehr | Fox | FSK 12

by 09:09:00 0 Kommentare






Bewertung: 7 / 10
Wahrscheinlichkeit des Kaufs der BluRay: 60%
________________________________________________________

DISCLAIMER:
Diese Filmbesprechung ist eine ganz persönliche Sache für mich.

"Independence Day" hat mich 1996 geprägt, beeinflusst und beeindruckt für das gesamte Leben.
Die Vorzeichen dafür standen gut: mit damals zarten 12 Jahren habe ich die "Wunderkiste" Film in seiner vollen Blüte miterlebt: Jurassic Park hat 2 Jahre zuvor den ersten Hype in mir ausgelöst ("Dino-Fieber"), Sauriernamen gingen mir genau so leicht von den Lippen wie die von Verwandten, das dazugehörige Spielzeug usw. 

Filme waren in einer erneuten Pionierphase:
- die Stimmung unschuldig
-der Optimismus sowie die Happy Ends ungebrochen (Twister, The Rock, Speed, Armageddon..); 
ganz wie die 90er allgemein. Dazu kamen die neuen visuellen Möglichkeiten, Marketing wurde für jeden Film immer wichtiger und professioneller. Alles in allem - Goldgräberstimmung. 

Als 1996 Independence Day vor der Tür stand, hatte es mich wieder erwischt. 
Nach Jurassic Park waren 2 Jahre vergangen und ich konnte den "sweet spot" der Kindheit ausnutzen, wo man nicht mehr vollkommen "Kind" ist, aber eben auch noch kein "ich-folge-dem-Trend-für-die-Außenwirkung"-Teen war.
Und wie es mich erwischt hat.

Dank der Sammelsticker-Alben konnte ich den Film vor dem Sehen bereits erzählen; den Rest erledigten die Trailer und Werbung. 
Der Schatten des Raumschiffs legt sich über ganze Städte!
Das Empire State Building wird vernichtet! Und das Weiße Haus! 
Unheimliche Aliens! High-Tech! F-16 Fliegerstaffeln!
Spezialeffekte! Es war um mich geschehen.

Im Nachinhein ist festzustellen, dass hier viele Wurzeln für spätere Faibles gelegt wurden; sei es das Fernweh nach den USA, um diese Orte mit eigenen Augen zu sehen; die Blockbustereuphorie oder aber auch das Geniessen der Soundtracks samt Gänsehaut. Tatsächlich war der Soundtrack zu "ID4" einer der ersten gekauften CDs. Daher auch der Tipp, euch beim weiteren Lesen die Musik dazu anzuhören: https://open.spotify.com/album/0OOwpWVLZPD4Sj2xS8cXBb

Das Sehen des Films kam einer Offenbarung gleich; und war ein "Event" wie es im Buche stand:

- Er schaffte es, die Bedrohung aus Sicht von "Normalos" darzustellen, die Reaktion der Menschen, die Folgen für Städte und Welt so klar, so schnörkellos darzustellen, wie vorher kein anderer Film.

-Er war klar strukturiert, von der Eröffnung über die 3 Akte (welche super-passend mit "JULY 2", "JULY 3" ..-Einblendungen eröffnet werden); die Charaktere werden subtil und ganz organisch vorgestellt und eingeführt, die Lage wird immer aussichtsloser. Die Monumente der Baukunst sind zerstört! Die Verteidigung gebrochen! 

Doch Hoffnung stirbt zuletzt, und mit einer aberwitzigen Idee, motiviert durch eine der besten Filmreden des US-Präsidenten (welche sowohl im Trailer als auch neuen Film ihre Referenz findet) schlägt die Menschheit zurück.

Wow.


In Anbetracht dessen kommentiere ich den neuen Film zunächst in einem spoilerfreien Part, um danach in Spoiler und "Was wäre wenn" - Teil überzugehen.
________________________________________________________

SPOILER-FREI

Wie fühlt sich der Film an?

Über die ganze Zeit so, als hätte er ein berechtigter Nachfolger zum ersten Teil werden können! Es wirkt während der Laufzeit ganz so, als würde er sich ständig selbst ein Bein stellen und seine potentiell epischen Momente nicht voll entfalten können. 

Weder Struktur, Aufbau, Bedrohung, Charaktere, Handlung oder Soundtrack können dem Original das Wasser reichen.

Die Einleitung ist sehr langatmig und kann sich vom Ton her nicht richtig festlegen; sicher ist jedoch, dass die erste halbe Stunde nicht das Epische, das  Große des ersten Teils hat.

Es fehlen dafür die cleveren Sprünge zwischen den einprägsamen Orten und Bildern, wie beim Vorgänger (siehe Teil 1: Kameraflug um die Freiheitsstatue, auf dem Mond hinterlassene Botschaft, SETI-Radarschüsseln usw.). Die neuen Charaktere erhalten keinerlei Tiefe und das direkt am Anfang platzierte "China-umwerben" (Darsteller, Product Placement) ist viel auf einmal.

Das große PLUS ist hier das Visuelle. Die optische Opulenz fährt der Regisseur Roland Emmerich gekonnt meisterhaft ab! Die Bilder sind fürs Kino gemacht und allein dafür lohnt sich der Besuch. 

Die Welt, in der dieser Film spielt, hat sich seit 1996 (warof1996.com) stark von der realen Welt entkoppelt (Alien-Technologie wurde nutzbar macht); was leider den Bezug des Normalzuschauers schwinden lässt. Sie wirkt einfach nicht so geliebt, bekannt und "heimisch" wie die Welt im Film von 1996. Ebenso sind fast alle Handelnden wichtige Figuren auf höchsten Ebenen - der Blickwinkel, aus dem der erste Teil die Geschichte erzählt, kann leider nicht wiederholt werden.


Lediglich zum Ende hin kommt so etwas wie Spannung auf; wie bereits erwähnt bremst sich der Film vorher komplett unnötig selber aus. Zudem sind die neuen Schauspieler ohne jede Empathie und schaffen es nicht, mitreißende, emotionale Bindung zum Zuschauer aufzubauen.

Die Bedrohung ist größer, dennoch unnahbarer. Die Zerstörung ist gewaltiger, aber dennoch seelenlos. 

Gänsehaut-Momente können fast nur Referenzen an die alten Teile (das Anspielen des Original-Musikthemas) oder Schauwerte (Endgegner) bieten. 

Das offene Ende wirkt auch zweigeteilt, denn es bietet genau so viele Chancen wie das jetzt entstandene Werk .. aber eben auch die Angst, zuviel davon liegen zu lassen (siehe Spoilerteil).

Kurzum, schaut ihn euch an, allein um einmal eine neue visuelle Welt zu betreten und die altbekannten Schauspieler noch einmal ihre Charakterzüge ausleben zu lassen; denn Tempo und Struktur und die neuen Figuren können den Charme des ersten Teils nicht wiederbeleben!
Hardcore-Fans wie ich werden unterhalten werden - für alle anderen ist es ein Film zum Kopf abschalten und Herrn Emmmerich bei dem Zuschauen, was er am besten kann: Zerstörung.


SPOILER & SPEKULATION

Ganz direkt: Was war gut?

  • Visuelles: die Raumschiffe wirken "schwer" und "wuchtig"; die Laser und Flugeigenschaften sind überzeugend, das Aliendesign ist glaubhaft (Haut!!) und realistisch.
    Insbesondere die Alien-Königin; welche im Gegensatz zu vielen anderen Monsterfilmen in vollem Tageslicht gezeigt wird, ist eines der Highlights!
  • (fast) alle alten Hauptcharaktere: Hut ab! Als wären Sie nie aus der Rolle verschwunden, nimmt die "alte Garde" um Jeff Goldblum (David!), Brent Spiner (Dr. Okun) und vor allem Bill Pullman (Pres. Whitmore) es locker mit den Jungschauspielern um Liam Hemsworth auf.
    Daher rührt auch der größte Gänsehautmoment für mich:
    als Bill Pullman, ganz in alter Kampfpilotenmanier, frisch rasiert und zu dem alten musikalischen Hauptthema im Hangar auftaucht, und den finalen Schlag gegen das Böse selbst ausführen will!
    Bonuspunkte für Robert Loggia (den General aus dem alten Teil), der seine Minute Screentime bekommt und geehrt wird (leider kurz danach im echten Leben verstorben).
  • Kamerarbeit: stets übersichtlich, stets glasklar, stets eine Wucht
Was hat nicht funktioniert?

  • Handlung/Story/Dialoge: unabhängig davon, dass diese teilweise konträr zum ersten Teil (die Motivation der Angreifer) läuft; werden viele Handlungsstränge nur angerissen. Viele vermeintlich epischen Momente wurde es verwehrt, da sich der Film entscheidet, einen anderen Blickwinkel weiter zu verfolgen.
    Als Paradebeispiel sei der afrikanische Warlord genannt, dessen Geschichte vertieft hätte werden MÜSSEN, um dem Film weitere Dynamik zu verleihen.

    Das Einbringen einer dritten Partei schadet hier noch nicht unmittelbar, führt aber zu Verwirrung und einem zu offenen Ende.
    Das World-Building am Anfang hätte mehr Zeit benötigt; gerade WEIL die Welt der unseren so entrückt ist.
    Szenen auf dem Alienschiff sind vollkommen unrealistisch und holen auch nur ein paar müde Lacher ab.
    Dialoge sind teilweise sogar fremdschämig, insbesondere der neuen Charaktere (s.u.)
    Aber vor allem: es gibt 2x den Versuch, eine Sequenz mit einer epischen Rede durchzuführen - nur leider findet diese nicht statt. Es scheinen immer 1-2 Minuten zu fehlen, um den jeweiligen Monologen die entsprechende "Schwere" (analog Präsidentenrede aus dem ersten Teil) zu geben. Wenn man schon so direkt den Vorgänger zitiert, dann doch bitte direkt und bis zum Ende.
    Pluspunkt: das Katz-und-Maus-Spiel ist diesmal beidseitig veranlagt; die Spannung steigert sich tatsächlich bis zum finalen Kampf!
  • Neue Darsteller: Liam Hemsworth ist der eigenschaftlose Surfer-Dude-Sunnyboy (Name bereits vergessen); der Filmsohn von Will Smith trägt NICHTS zur Handlung bei und erhält nicht einen erinnerungswürdigen Dialog. Vivica A. Fox (Will Smith' Frau aus dem ersten Teil) hat zuviel Screentime um unwichtig zu sein - ist es am Ende aber doch. Ihr Tod hat keinen Einfluss auf die weitere Handlung (-> ihren Sohn); und die Nebendarstelller (der Wingman von Liam Hemsworth) oder die chinesische Darstellerin sind nur zum Dialogzeilen-Abliefern da, ohne das man auch nur ein bisschen für sie empfindet.
  • Schnitt/Tempo/Pacing: fast der größte Kritikpunkt.
    Wie ich bereits angedeutet habe, verschenkt der Film so viele Möglichkeiten auf großartige Momente, da er viel zu oft Szenen zu früh abschneidet. Viel zu oft bestimmte Handlungsstränge nicht weiter verfolgt.
    Es ist fast so, als musste hier auf 2,5-3 Stunden ein 2 Stunden-Film geschnitten werden - ohne Rücksicht auf Verluste.
    Weder die Rede des ehem. Präsidenten, noch Kampfszenen oder das Ausbauen von Nebenhandlungssträngen wird genug Zeit gewidmet - es fühlt sich zudem auch unnatürlich an.
    Geschnitten wird an den merkwürdigsten Punkten; so kann weder Emotion noch Gefühl für die Welt oder ihre Figuren entstehen.
    Zudem: viel zu viele Countdowns um "künstlich" Spannung zu schaffen.
    Hier schafft hoffentlich ein Director's Cut Abhilfe!
  • Soundtrack: zum Vergessen. Kein einprägsames Thema, keine bleibenden Melodien.
    Nur wenn der alte Score anspielt, wird das "epische " Gefühl wiederbelebt.
Was hätte sein können / Lektionen aus dem Film:


  • Was nun zwingend nötig ist, ist ein Spin-Off, dass sich nur um den Kampf der afrikanischen Warlords mit den Aliens dreht. Am besten im Predator-Stil und meinetwegen auch als Serie. Es bietet jedenfalls unglaublich viel Möglichkeiten für Backstory und Spannung!
  • Lasst den Soundtrack neu aufnehmen und legt ihn unter den Film!
  • Das Ende mit der dritten Alienrasse darf nicht in einem Film enden, der praktisch ein neuern Wing Commander ist (nur im Weltraum!) -> dann nennt es nicht Independence Day!
  • Bill Pullman/Whitmore ist völlig unnötig gestorben und auch völlig unangemessen für den Part, den er spielte!
  • Holt Will Smith zurück!
Was sagt ihr zu dem Film?

Cinemotions Podcast

Developer

Filmbegeistert seit 1984. Von Trailern, über Trivia, zu Making ofs und dem eigentlichen Film - ich lebe für gute Filme und geniesse sie! Und auch Guilty Pleasures dürfen (und müssen) sein..

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen